Widrigkeiten der Arbeit an deutschen Unis und mögliche Auswege

Deutsche Universitäten und deren Studierende waren in letzter Zeit oft Thema in Medien und bildungsbezogenen Diskussionen. Sei es wegen mangelnder Abschlussquote, studentischen Protesten gegen Studiengebühren und Studienbedingungen oder anderen Missständen.

Seit Langem schon wird in einigen Fachbereichen der Wissenschaft (wie dem Ingenieurswesen) ein Fachkräftemangel beklagt. Auch die Zahl der Studierenden und vor allem erfolgreichen Absolventen sei immer noch zu gering. Durch die Bologna-Reform sollten als veraltet empfundene Studienstrukturen und Studiengänge internationalen Standards angepasst werden, die Lehre und das Studieren somit optimiert und besser organisiert werden.

Die Konsequenz ist auf vielerlei Weise verheerend: Neben Burn-out Syndromen bei manchen Studenten, denen ihr vollgepackter Studienplan über den Kopf wuchs, verwirrender und schlecht abgestimmter Neuordnung von Studiengängen, fehlender Betreuung sowie Überfüllung von Seminaren und Vorlesungen in manchen Disziplinen haben auch Dozenten besonders darunter zu leiden, speziell Privatdozenten und Lehrkräfte mit außerplanmäßiger Professur.

Von der geträumten Möglichkeit für Studierende, aufgrund der Standardisierung der Studiengänge den Wechsel an andere Universitäten einfach und unkompliziert zu machen, spricht lieber keiner mehr: Willkür und schlechte Organisation innerhalb von Modul- und Studienordnungen machen es oft nicht nur Studenten unmöglich, ihre erarbeiteten Leistungen an anderen Fakultäten anerkannt zu bekommen, auch ausländische Studierende, die nach Deutschland kommen, haben oft Schwierigkeiten, ihre abgeschlossenen Module anerkannt zu bekommen.

Denn Geld wollte man in den wissenschaftlichen Umschwung offensichtlich keins stecken, stattdessen wurde und wird an deutschen Universitäten gespart und die wissenschaftliche Arbeit auf den Schultern von Studierenden und nicht verbeamteten Dozenten und Professoren ausgetragen. Für die Konsequenzen und die katastrophale Lage an deutschen Universitäten in vielen Bereichen sind Verantwortliche entweder blind oder – was häufiger der Fall zu sein scheint – geben vor blind zu sein.

Unterbezahlte Privatdozenten und Lehrbeauftragte

Obwohl schon mit einer Menge an Problemen konfrontiert, sind die Studenten an Universitäten nicht die Einzigen, die zu leiden haben. Privatdozenten und Fachkräfte mit außerplanmäßiger Professur führen an Universitäten oft ein Arbeitsleben, das sich polemisch formuliert als Sklavendasein beschreiben lässt. Darüber hinaus hat die „Lobby“ der Studenten bereits eine gewisse Wirkung mit ihren Protesten gegen die Bologna-Reform erzielt; Privatdozenten haben dagegen für gewöhnlich keine Stimme nach außen.

Professor zu werden bedarf in Deutschland der Habilitation und einer Berufung als Professor. Während Ersteres noch in der eigenen Hand liegt, ist Letzteres davon abhängig, wo Professorenstellen frei werden und mit wem sie besetzt werden sollen. Und deren gibt es mehr als zu wenig – trotz eines ursprünglich geplanten Ausbaus der Professuren. Die Folgen machen sich einerseits in vollkommen überfüllten Vorlesungen in manchen Fachbereichen bemerkbar, da keine anderen Professoren zur Verfügung stehen, andererseits in der Tatsache, dass Tausende hoch qualifizierter Wissenschaftler als Privatdozenten ein arbeitsames Dasein ohne oder mit viel zu geringer Entlohnung fristen.

Der Titel des Privatdozenten oder „außerplanmäßigen Professors“ wie man danach heißen kann, ist also nicht mehr als ein Deckmantel für die Ausbeutung qualifizierter Fachkräfte, die oft jahrelang ohne Entlohnung unterrichten müssen. Dabei wird von Universitäten einerseits ausgenutzt, dass die Leidenschaft für ein Fach bei den meisten Dozenten so hoch ist, dass sie trotz der unmenschlichen Bedingungen ihren Dozentenstatus nicht aufgeben wollen, andererseits die Chancen auf eine berufliche Alternative klein sind: Selbst wenn dem Studium sofort die Promotion folgt und die Habilitation kurz darauf geschieht, haben Dozenten oft dreißig bis vierzig Jahre ihres Lebens der Forschung gewidmet, oft womöglich mit hervorragenden Ergebnissen, die ignoriert werden. Oft müssen sich die Dozenten mit – sofern vorhanden – dem Einkommen des Ehepartners arrangieren. Darüber hinaus ist es Dozenten oft gar nicht möglich, alternative Stellen oder befristete, bezahlte Anstellungen anzutreten, da diese nur an Leute mit niedrigerer Qualifikation vergeben werden. Hinzu kommt, dass deutsche Universitäten keinerlei Maßnahmen bieten, die solche Menschen vor Ausbeutung schützen.

Wer geglaubt hat, dass, wenn es schon kein Geld gibt, diese Fachkräfte wenigstens Lorbeeren ernten würden, der hat sich getäuscht. Gegenteiliges ist meist der Fall; Verachtung und Ausgrenzung von Menschen mit ordentlicher Professur gegenüber Wissenschaftlern, die keine Professur erhalten haben, sind vielen Fachgebieten keine Seltenheit. Dabei sollte man meinen, dass spätestens durch die Wiedereinführung der Studiengebühren in einigen Bundesländern das Geld für genügend Professoren vorhanden sein sollte – Studenten an der Universität Göttingen zahlen beispielsweise knapp 700 € im Semester. Dass davon nichts bei den nicht-verbeamteten Professoren landet, wäre unter dem Argument zu verstehen, dass die Studienbeiträge für die Verbesserung der Studienbedingungen von Studenten gedacht sind: Angesichts der desaströsen Zustände an manchen Universitäten und Fakultäten, ohne das finanziell nachgebessert wird, ist dieses Argument jedoch nicht haltbar. Von einer „Verbesserung der Lehre“ kann also so lange keine Rede sein, wie Privatdozenten konstant Ausbeutung und Existenznot ausgesetzt sind, welche zu bekämpfen der einzig produktive Ausweg wäre, um das Lehrangebot an deutschen Universitäten nachhaltig zu verbessern.
Die Zustände sind den Verantwortlichen bewusst, aber egal – Privatdozenten und außerordentliche Professoren haben keine Lobby. Meist wissen Studenten nichts von solchen Geschehnissen, da Scham und Selbstvorwürfe oft das Reden über diese Probleme verhindert.

Ausweg Job in der Wirtschaft

Sich einen Job in der Wirtschaft zu besorgen, klingt nach einem simplen Plan, der aber auch nicht ohne Weiteres zu bewerkstelligen ist. Die Zahl der BWL und VWL Studenten ist hoch, sehr hoch sogar, an vielen größeren Unis kann man dem Bedarf an Raum und Material nicht gerecht werden.

Ein einfaches BWL-Studium ist heute allerdings alles andere als ein Garant für einen Posten in der Wirtschaft – im Gegenteil. Gerade mal jeder Vierte, der in die Wirtschaft möchte, schafft diesen Sprung, obwohl es an Qualifikation nicht mangelt. Dabei spielen teils ähnliche Faktoren eine Rolle, wie bei der Anstellung nicht bezahlter Dozenten: Die Bezeichnung „Generation Praktikum“, ist ein wenig außer Mode geraten und trifft auf viele junge Menschen dennoch zu, die eine hervorragende Qualifikation vorweisen und als billige bis kostenlose Arbeitskraft von Betrieb zu Betrieb geschoben werden.

Dabei ist der Bedarf an Arbeitskräften in vielen Bereichen der Wirtschaft nicht gedeckt. Eine gute Methode ist daher die Spezialisierung innerhalb dieser Branche, anstatt ein reines BWL Studium zu beginnen. Bereits jetzt herrscht eine wahnsinnig hohe Nachfrage an Ingenieuren, Informatikern, Technikern. Bis 2020 wird eine weitere hohe Zahl an Ingenieuren altersbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden und den Bedarf vergrößern. Studiengänge für Elektrotechnik, Informatik und Ingenieurwissenschaften werden ohne Numerus clausus ausgeschrieben. Besonders an Frauen mangelt es der Branche, die Zahl der Studentinnen in der Branche der Ingenieurswissenschaften ist verschwindend gering.

Für diesen Weg bieten sich besonders Fachhochschulen, oft auch private, an, welche einerseits flexible Mischungen aus Naturwissenschaft, Technik und Betriebswirtschaftslehre vereinen, andererseits mit dualen Studiengängen häufig ermöglichen, von Beginn des Studiums an praktisch und innerbetrieblich ausgebildet zu werden, sodass nach erfolgreichem Absolvieren des Studiums eine Übernahme in einem Betrieb gesichert ist.

Das Angebot ist – glücklicherweise – nicht auf Ingenieurswissenschaften beschränkt, die nun mal nicht für jeden geeignet sind. Auch aus den Bereichen Medien, Design, Kommunikation, Management und Gesundheit gibt es zahlreiche Studienangebote mit guten Aussichten auf finanzielle Sicherheit.

Hinzu kommt Möglichkeit, den widrigen Studienbedingungen an gewöhnlichen Universitäten zu entkommen – oft aber leider nur zu einem hohen Preis, sollte man sich für eine private Hochschule entscheiden. Neben besserer Betreuung und gezielter Ausrichtung hin zum Berufsleben sind auch die Materialbestände und der verfügbare Raum zum Lehren oft (nicht immer!) vorhanden, wogegen in besonders häufig belegten Studiengängen wie Jura, Mathematik, Physik und Psychologie an großen Universitäten wie Heidelberg oder Göttingen die Hörsäle hoffnungslos überfüllt, die Studenten schlecht betreut und das Material mehr als knapp ist.

Einen Job in der Wirtschaft über ein Studium abseits der bloßen Betriebswirtschaftslehre, vielleicht auch mit internationalen Ausprägungen, zu erlangen, ist ein möglicher Ausweg aus den schwierigen Studienbedingung und den Folgen eines zwar erfolgreich abgeschlossenen aber zu wenig spezialisierten BWL-Studiums.

Ausweg Weiterbildung

Der Ausweg der Weiterbildung richtet sich vor allem an Menschen mit abgeschlossenem Studiengang ohne Arbeit sowie an Bachelor-Kandidaten, die keinen Master-Studienplatz erhalten haben, oder aber schon länger berufstätig sind, denen aber ein weiterer qualifizierender Abschluss fehlt, um weiter auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren zu können. Für Privatdozenten ohne Lehrauftrag und außerordentliche Professoren ohne Gehalt ist er meist weniger sinnvoll, da es diesen sicher nicht an Fachkenntnis in der eigenen Disziplin mangelt.

Viele spezialisierte Universitäten und Fachhochschulen bieten Weiterbildungsstudiengänge an, welche abseits der gewöhnlichen Studiengänge und Studienordnungen Qualifikationen vermitteln, die die Chancen auf eine (bessere) Anstellung erhöhen.

Für manche Studenten sind in ihrem Fachbereich keine Masterstudienplätze verfügbar – oft völlig unabhängig davon, wie gut oder schlecht der Student abgeschnitten hat und vollkommen unabhängig davon, ob er sechs Semester lang hohe Studiengebühren bezahlt hat. Um nicht von einem Praktikum zum nächsten zu wandern und mit der schlechten Jobaussicht, die man mit einem Bachelor-Abschluss oft nur hat, leben zu müssen oder in einem Zweitstudium im Chaos der universitären Organisation zu versinken, besteht die Chance der Weiterbildung. Solche Kurse verlangen für gewöhnlich keine speziellen Zeugnisse oder Noten und vermitteln Qualifikationen zu bestimmten Themenbereichen, oft mit dem Anspruch, auf Führungspositionen hin auszubilden. Für gewöhnlich stellen die Hochschulen national wie internationale anerkannte Zertifikate aus, die die erfolgreiche Teilnahme bestätigen. Damit kann der Studierende entweder die Wartezeit bis zum Erhalt eines Masterstudiengangs mehr als sinnvoll überbrücken, oder sich Qualifikationen aneignen, die ihn auch ohne höheren Abschluss besser qualifizieren.

Die Weiterbildung ist außerdem für Berufstätige eine gute Möglichkeit, sich besser zu qualifizieren oder zu spezialisieren, um dadurch bessere Chancen auf Aufstieg oder Verbleib im Job zu erlangen. Bei Absolventen von Masterstudiengängen kann die Spezialisierung oft der springende Punkt für eine Anstellung sein. Häufig werden Weiterbildungsstudiengänge auch als Fernstudiengang angeboten, womit dem Interessierten keine Hindernisse wie die Entfernung zum Kursort in den Weg gelegt werden.

Diese Weiterbildung ist rein theoretisch nicht fachlich gebunden und kann natur- wie geisteswissenschaftlichen Charakter haben. Allerdings sind viele der Studiengänge im Bereich des höher qualifizierenden Managements, Gruppenleitung und anderen Führungsqualifikationen angelegt, die besonders Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaftlern zugute kommen. Daneben kann Weiterbildung natürlich auch ganz privat geschehen, wobei darauf geachtet werden sollte, sich das angeeignete Wissen später in einem abgeschlossenen Kurs oder Test zertifizieren zu lassen.

Alternative Fernstudium

Wer unter defizitären Strukturen Universitärer Leitung und Organisation bereits gelitten hat und aus dem Studium ausgeschieden ist, oder von vorneherein sich keinen unzumutbaren Studienbedingungen ausliefern will, für den bleibt der Weg des Fernstudiums. Was vielleicht erst fremd, ausgefallen und albern erscheinen mag, ist tatsächlich ein Studienmodell im Aufschwung: Spätestens durch die rasende Ausbreitung der Nutzung des Internets ist das Fernstudium eine beliebte Alternative zum normalen Studium. So beliebt, dass es inzwischen sogar ganze Fernuniversitäten gibt.

Inhaltlich sind die Differenzen je nach Studiengang eher sekundär, was sich primär unterscheidet sind Methodik und Form der Lehre. Wie der Name sagt, ist man die meiste Zeit des Studiums fern vom Campus der Universität und erarbeitet die Inhalte des Studiums selbstständig in Eigenarbeit. Dabei werden Richtlinien und Studienaufbau natürlich vom Institut in gewisse Bahnen gelenkt, um den Studierenden eine gewisse Orientierung zu geben, allerdings liegt die Hauptinitiative beim Studenten.

Die Studienmaterialien werden für gewöhnlich von der Universität vorbereitet bzw. gestellt, häufig werden sie den Studenten über das Internet zugesendet, postalische Zusendungen sind natürlich auch eine Normalität. Zu bewertende studentische Ausarbeitungen werden eingesandt und benotet.

Manche Seminare werden auch an bestimmten Orten abgehalten, was aber eher selten ist. Ein moderneres Konzept ist das des „Online-Klassenzimmers“, welches es Studenten und Lehrenden ermöglicht in Kontakt zu bleiben. Der große Vorteil eines Fernstudiums ist die lokale wie temporale Unabhängigkeit des Studenten. Ein Münchner kann in Münster studieren, ohne den Stadtkern verlassen zu müssen. Darüber hinaus gibt es keine Komplikationen im Bereich Materialien oder Raum. Die im Fernstudium verliehenen Abschlüsse sind für gewöhnlich dieselben wie die normaler Studiengänge.

Gefordert sind natürlich ein sehr hohes Maß an Selbstdisziplin, Fleiß und Ausdauer, mehr noch als im normalen Studium, da keine immer wiederkehrenden Klausuren oder Dozenten Druck ausüben, sowie die Bereitschaft, ein Studium weitgehend ohne Betreuung absolvieren zu müssen. Auch entsteht zwischen den Studenten wenig oder kein Kontakt, was das Studium oft zu einer isolierten Sache macht.
Abschlüsse aus Fernstudiengängen werden von Arbeitgebern allerdings laut Umfragewerten oft höher gewertet als die normaler Studiengänge, da ein erfolgreich absolviertes Fernstudium dem Absolventen ein hohes Maß an Fleiß, Zielstrebigkeit und Disziplin zertifiziert.

Das Fernstudium lohnt sich auch besonders für nebenher Erwerbstätige oder Studenten mit Familie, die an ihren Wohnort gebunden sind. Billiger ist es trotz allem nicht, manchmal sind die Gebühren sogar höher, da der Materialaufwand zum Großteil auf der Seite der Universität liegt. Bedeutende Fernuniversitäten in Deutschland sind die Fernuniversität Hagen und die Europäische Fernhochschule in Hamburg.

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